Hi zusammen,
das Thema wird wirklich nie abreißen...aber ich versuche nochmal eine Aufklärung 😉
In einer Zeit, als Bildschirmemaße noch 4:3 waren, war auch die Entwicklungstechnik dementsprechend rudimentär. Vieles war überdimensioniert, wenig erforscht und daher auch kaum filigran konstruiert. Hat man damals mehr Leistung generieren wollen, griff man auf höherviskose Öle zurück, weil schon damals die Erfahrung ausschließlich aus einer Zeit davor stammte, in der die Bildschirme noch nicht mal Farbe hatten! Man kannte einfach keine Öle unter 10W50...die Petrochemie gab es noch garnicht her und der Bedarf war auch nicht existent. Die Lagertechnik hat damals die zähen Öle gut vertragen und die Mechaniker tragen das Wissen auch heute noch mit sich. Was leider typisch Mensch ist: Er hasst Veränderung. Genau die hat aber stattgefunden. Heute ist die Technik der Motoren derart filigran, ausgefeilt und massenhaft simuliert und erprobt, getrieben von Effizienz, Umwelt und Kosten, dass die alten Regeln keinerlei Gültigkeit mehr haben. So auch der Ölhaushalt. Beim EA855Evo wurde nie ein anderes Öl als 0W30 erprobt. Durch höhere Viskositäten steigt die Belastung auf die Pumpe, weshalb ihre Dauerhaltbarkeit eingeschränkt wird...gilt übrigens auch für ihre antreibende Kette und Kettenräder. Zudem wird der Durchfluss merklich reduziert, was die Kühlung aller ölgeschmierten Bauteile reduziert. Daraus folgt oft eine schnellere Abnutzung der Reibpartner. Gern vergessen: Kolbenbodenkühlung...die funktioniert auch nur noch eingeschränkt, es kommt ja weniger Öl in geringerer Menge an. Da in Summe der gesamte innere Widerstand erhöht wird, läuft euer Kühlsystem logischer Weise grundsätzlich auf einem höheren Regelungsniveau, sodass im Sommer schneller das Limit erreicht werden kann. Zudem verliert ihr natürlich an mechanischer Leistung, denn geregelt wird nur nach den Brennwerten im Zylinder, nicht nach dem was am Rad ankommt (Wirkungsgrad Verbrennungskraftmaschine). Zudem ist es so, dass heute Lager, ob Haupt-, Pleul- oder Nockenwellenlager, so ausgelegt sind, dass sehr dünnes Öl nicht mehr einfach weggeschoben werden kann. Die Spalte sind so dünn und die Konturen extra angepasst, dass der vermeintliche Vorteil der höheren Viskosität überhaupt keinen positiven Nutzen mehr hat. Mehr noch: Da weniger Öl, also auch weniger Ölmolekühle die selben mechanischen Kräfte für längere Zeit aufnehmen müssen, steigt auf mikroskopischer Ebene der Druck und auch die Temperatur. Folglich zerfallen die chemischen Bestandteile des Öl viel schneller und es muss öfter gewechselt werden.
Zusammengefasst: Aus technischer Sicht führt die Verwendung von Ölen höherer Viskosität bei modernen Motoren der letzen 10Jahre zu potenziell früheren Dauerschäden aufgrund unbekannter Mehrbelastung, höherer Ausnutzung des Kühlsystems, Leistungsverlust und Mehrkosten. Ein jeder darf sich frei dafür entscheiden und wer dies tut, trägt auf jeden Fall positiv zur Wertschöpfungskette der Automobilwirtschaft bei. 🙂 Anders zu betrachten sind beträchtliche Leistungssteigerungen. Wenn hier die Motortemperatur der Art steigt, dass hochviskose Öle auf Werte eines Serienöls fallen, macht dies durchaus Sinn.
Ich habe gestern 131.000km mit meinem 2018er erreicht: Ich fahre 0W30 von Mobil1 mit adaptiven Wechselintervall (zwischen 22.000 und 25.000km). So ist es gedacht, so funktioniert er am besten, so hab ich keinerlei Probleme und so wird er auch noch lange Freude bereiten.